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Hintergrund: NPD-Verbot


Seit dem Bekanntwerden des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) und der Verbindungen von NPD-Funktionären zu der Zwickauer Terrorzelle wird erneut über ein Verbot der Partei diskutiert. Die Debatte flammte in den vergangenen Jahren immer wieder nach besonders schweren rechten Straftaten auf – ohne Ergebnis.

Das Scheitern des ersten Verbotsverfahren liegt mittlerweile fast zehn Jahre zurück. Nach einem Anschlag auf die Düsseldorfer Synagoge im Jahr 2000 rief der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD) nicht nur zu einem „Aufstand der Anständigen“ auf, er brachte zusammen mit Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) auch ein NPD-Verbotsverfahren auf den Weg.

Das Verfahren wurde im März 2003 eingestellt. Da sich herausgestellt hatte, dass in der Führung der Partei zahlreiche Informanten des Verfassungsschutzes, sogenannte V-Leute, tätig waren und nicht offengelegt werden konnte, ob das die NPD belastende Material von diesen V-Leuten stammte oder nicht, sah das Bundesverfassungsgericht keine Grundlage für ein faires Verfahren. „Wir haben damals nicht über die Verfassungswidrigkeit in der Sache entschieden“, so der ehemalige Bundesverfassungsrichter Winfried Hassemer. Es ging also gar nicht um die Partei an sich.

 

Parteien stehen unter besonderem Schutz

Über ein Parteiverbot entscheidet das Bundesverfassungsgericht, antragsberechtigt sind der Bundestag, der Bundesrat und die Bundesregierung. Die Diskussion, die seit Dezember 2011 in der Innenminister-Konferenz über ein NPD-Verbot geführt wird, ist eine Vorbereitung der Länder in Hinblick auf eine Entscheidungsfindung im Bundesrat.

Der Artikel 21 des Grundgesetzes sichert den Parteien eine besondere Stellung als wichtiger Faktor der politischen Willensbildung. Die Hürden für ein Verbot liegen entsprechend hoch. Eine Partei kann nicht deshalb verboten werden, weil sie die freiheitlich-demokratische Grundordnung ablehnt. Vielmehr muss bewiesen werden, dass die Organisation als Ganzes eine „aktiv kämpferische, aggressive Haltung“ gegenüber der freiheitlich-demokratischen Grundordnung einnimmt.

Dafür biete die NPD reichlich Belege, meinen Befürworter eines Verbots. Die NPD stehe in der Tradition der NSDAP, sagt etwa Brandenburgs Generalstaatsanwalt Erardo C. Rautenberg. Und auch der Politikwissenschaftler Christoph Weckenbrock stellt fest: „Die Partei gibt sich schon seit Jahren kaum noch Mühe, ihren system- und menschenfeindlichen Charakter zu verschleiern.“
 

Ein Verbot löst nicht das Gewaltproblem

Der Soziologe Ruud Koopmans hält ein NPD-Verbot hingegen für kontraproduktiv. Er vermutet, dass die Zahl rechter Gewalttaten ohne die NPD ansteigen könnte, da es dann an legalen Formen der politischen Artikulation mangeln würde. In der Tat würde ein Verbot sehr wahrscheinlich nicht zu einem Rückgang rechter Gewalt führen. Die meisten Gewalttaten kommen weniger aus den Reihen der NPD als vielmehr aus dem Spektrum der Freien Kameradschaften, den Autonomen Nationalisten und einer subkulturell geprägten rechten Szene. Neonazis würden durch ein Verbot der NPD wohl kaum von ihrer rechten Gesinnung abrücken.
 

Ein Verbot dreht der NPD den Geldhahn ab

Die NPD ist jedoch sehr eng mit diesen militanten Strukturen verwoben. Hier kommt das wohl stärkste Argument für ein Verbot zu Tragen: Die Partei und die mit ihr verbundene Neonazisszene würde infrastrukturell und finanziell erheblich geschwächt. Es hätte, so Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm, den „sehr wünschenswerten Effekt, dass der Schutzschirm des Parteienprivilegs“ entfiele. Die NPD könnte keine Aufmärsche mehr durchführen, und Neonazis könnten die Strukturen der Partei nicht mehr für die Anmeldung und für die Mobilisierung zu ihren Veranstaltungen nutzen.

Auch gäbe es keine staatliche Förderung mehr wie die Wahlkampfkostenerstattung, steuerliche Vergünstigungen bei Parteispenden oder die Zuwendungen für Landtagsfraktionen. Allein im Jahr 2010 hat die NPD nach einer Übersicht der Bundestagsverwaltung fast 1,2 Millionen Euro aus der staatlichen Parteienfinanzierung erhalten.

Allerdings, so macht Politologe Weckenbrock deutlich, bleibt ein Parteienverbot für eine Demokratie immer problematisch, da es „eine der für den freiheitlichen Verfassungsstaat fundamentalen Wurzeln – die Parteienfreiheit – resolut beschneidet“.


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1 Kommentare

[…] Homepage demos-gegen-nazis.de hat sich ebenfalls mit den Pro- und Contraseiten des Verbots auseinandergesetzt. Dazu gibt der […]

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